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Schmerz verstehen (Part 1)

In dieser Blogserie widme ich mich dem komplexen Thema Schmerz.

Jeder Mensch macht im Laufe seines Lebens zu 100% schmerzhafte Erfahrungen. Damit meine ich nicht nur die seelisch oder emotional schmerzhaften Episoden die man z.B. bei dem Verlust eines geliebten Menschen empfindet. Nein, ich meine tatsächlich auch den körperlich spürbaren Schmerz. Nach wenigen Sätzen wird schon deutlich,dass  die Empfindung von Schmerzen ein vielseitiges und komplexes Geschehen sein kann, was für jeden etwas anderes bedeutet und individuell wahrgenommen wird.

Schmerztheorien im Wandel der Zeit

Um zu wissen was Schmerz ist und wie er entsteht, lohnt es sich erst einmal eine kleine Zeitreise anzustellen und zu schauen, wo kommen unsere Erkenntnisse über Schmerzen her und was dachte man früher über Schmerzen und deren Ursache.

Von der Strafe der Götter bis zum cartesianischen Schmerzverständnis

Durch die letzten Jahrhunderte oder Jahrtausende  gab es immer wieder neue und veränderte Sichtweisen und Erklärungsmodelle für Schmerzen.  In der Antike und dem Mittelalter  ging man  häufig davon aus, dass Schmerzen eine Strafe einer höheren Macht sei, z.B. für die Sünden des Schmerzgeplagten. Im 16. Jahrhundert führten die Forschungen von René Descartes zu einer wissenschaftlichen Revolution. Descartes ging davon aus, dass Schmerzen als körperliches Warnsignal zum Schutz des Organismus ( vor Gewebeschaden)  zu verstehen seien und der Schmerzreiz über Nervenbahnen an das Gehirn geleitet wird und dort dieser Schaden als Schmerz wahrgenommen wird. Diese Theorie hielt sich bis in die zweite Hälfte des 19. Jahhunderts, sogar teilweise bis heute.

Das Gehirn hält Einzug in der Schmerzbetrachtung

Um 1900 rum, beobachtete Dr. Siegmund Freud etwas bei seinen Patienten, das der bisherigen Vorstellung von Schmerzen und deren Ursache widersprach. Er hatte viele Patienten die über Schmerzen klagten, ohne das sie eine Verletzung  hatten oder einem besonderen Schmerzreiz ausgesetzt waren. Siegmund Freud erkannte während seiner Psychoanalysen, das Schmerzen nicht nur durch schädigende Reize (etwas, was von außen mit dem Körper passiert) ausgelöst werden konnten, sondern auch durch die  Psychisch bzw. das Gehirn (also etwas aus dem Körper selber heraus) entstehen konnten. Ganz ohne eine Schädigung des Organismus oder Gewebe.

Die Moderne

Wenn wir die kleine Zeitreise in die Moderne fortführen, dann sehen wir Schmerz heute als einen komplexen Verrechnungsprozess von Informationen durch unser Nervensystem. Gefahrenreize werden dabei von Nervenrezeptoren wahrgenommen und über Nervenbahnen an das Rückenmark und dann weiter an das Gehirn geleitet. Unser Gehirn ist dabei stetig bemüht die einkommenden Reize auf eine potentielle oder reale Gefahr für den Organismuss hin zu überprüfen und zu vermeiden. Dazu kann das Gehirn uns unter anderem mit  Schmerzreizen dazu bringen unser Verhalten zu ändern und uns selber zu  Schützen. Einflussfaktoren die hierbei eine Rolle spielen können sind extrem vielfältig und ebenso gibt es viele unterschiedliche Erklärungsmodelle zur Entstehung von Schmerzen. Eins dieser Modelle ist das BioPsychoSoziale (BPS) Erklärungsmodel, auf das ich in den nächsten Teilen dieser Blogserie  nochmal zu sprechen kommen werde.

Was ist Schmerz ?

Die Weltschmerzorganisation (IASP=International Association for the Study of Pain) definiert Schmerz wie folgt:

Definition:

“Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebniss, das mit  einer tatsächlichen oder drohenden Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.“

Schmerz als Sinnes- und Gefühlserlebnis

Im ersten Teil der Definition wird Schmerz als unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebniss beschrieben. Mit dem Begriff „Sinneserlebnis“ ist gemeint, dass Schmerzen als brennend, bohrend oder stechend empfunden werden können. Es geht also um den Charakter des Schmerzes, zum anderen geht es aber auch um die Schmerzstärke oder Intensität.

Mit dem Begriff „Gefühlserlebnis“ wird deutlich, dass Schmerzen auch immer einen emotionalen Anteil haben. Schmerzen können Emotionen auslösen und als quälend, mörderisch, beängstigend oder erschöpfend beschrieben werden.

Schmerz ist mehr als eine einfache körperliche Empfindung. Schmerz ist eine Erfahrung die wir machen. Die reine Empfindung ist lediglich ein Teil dieser Schmerzerfahrung. Wie wir diese Interpretieren, darüber denken, fühlen und wie wir darauf reagieren sind weitere wichtige Elemente dieser Schmerzerfahrung.

Wozu ist Schmerz überhaupt sinnvoll?

Schmerz ist im Normalfall lebensnotwendig. Aus körperlicher Sicht stellt Schmerz einen lebensnotwendigen Reiz dar, der uns durch eine Reaktion ( Schutzmaßnahme) vor Gewebeschaden schützen soll. Würden wir keine Schmerzen empfinden, wären wir als Organismus wohl nicht so überlebensfähig wie wir es sind. Was würde passieren, wenn wir  beim Kontakt mit einer heißen Flamme keinen Schmerz verspüren würden? Wir würden uns nicht schützen und die Hand nicht als Schutzreaktion zurück ziehen. Als Konsequenz nähme unser Körper Schaden. Wir werden daher teilweise auch schon durch einen Schmerz vor Schaden gewarnt, bevor er tatsächlich entsteht. Genial oder?

Tatsächlicher oder drohender Schaden

In der Definition der IASP werden zwei unterschiedliche Situationen beschrieben, in denen Sie Schmerzen haben können.

Tatsächlicher Schaden:

In dieser Situation ist tatsächlich ein Gewebeschaden entstanden. Sie haben sich einen Knochen gebrochen oder in den Finger geschnitten. Ihr Körper sendet durch die Verletzung Nervenimpulse an das Rückenmark und dann an das Gehirn. Ihr Gehirn startet eine Verrechnung und Bewertung dieser Nervenimpulse und „entscheidet“ sich einen Schmerz zu generieren. Somit soll eine Schutzreaktion ausgelöst werden die Sie vor weiterer Verletzung schützt.

Drohender Schaden:

In dieser Situation gelangen ebenfalls Nervenimpulse aus dem Gewebe des Körpers ( Bandscheibe, Muskulatur, Gelenke etc.) über das Rückenmark ans Gehirn. Allerdings sind diese Gefahrenmeldungen nicht durch eine Verletzung entstanden. Die Impulse könnten z.B. durch normale Belastung, wie etwas heben oder sich dehnen, entstanden sein. Auch hier stellt das Gehirn wieder eine komplexe Verrechnung und Bewertung der eintreffenden Informationen an. Kommt das Gehirn aufgrund der Bewertung dazu, den Reiz als potentiell gefährlich oder schädlich zu betrachten, kann es einen Schmerzreiz generieren – ohne, dass eine Körperschädigung stattgefunden hat.

Darüber hinaus, kann Schmerz sogar ohne jegliche Information aus dem Gewebe entstehen.

Sie sehen, dass Schmerz nicht immer mit dem tatsächlichen Vorhandensein oder der Größe eines Schadens im Gewebe zu tun hat. Schmerz kann entstehen, ohne das überhaupt ein Gewebeschaden besteht!

Schmerz Take Home Message 1:

Schmerzen sind eine normale und z.T. überlebenswichtige, wenn auch unangenehme, Erfahrung als Reaktion auf eine von unserem Gehirn bewertete reale oder potentielle Gefahrensituation. Jeder Schmerz ist immer Real.

Schmerz Take Home Message 2:

Schmerzen können ohne jeglichen Gewebeschaden entstehen.

Mehr zu dem Thema Schmerz und womit die Schmerzentstehung zu tun hat, gibt es im nächsten Blogbeitrag – Schmerz verstehen.

Viele Grüße aus dem Herzen von Bonn

Tobias Kehlenbach

Physiotherapie Bonn Tobias Kehlenbach in seiner Praxis

Von Mann zu Mann –  der Urologieblog

Willkommen und schön das Sie den Weg auf meinen Blog gefunden haben.

Ich möchte Ihnen zukünftig unter der Rubrik “Von Mann zu Mann – der Urologieblog” spezifische Gesundheitsthemen für Männer, die mit der Urologie (Harntrakt), Proktologie ( Darmtrakt), Sexualität und allgemein der Männergesundheit zu tun haben, näher bringen.

Den Beginn mache ich mit dem allgemeinen Thema Männergesundheit.

Männergesundheit

“Im Alltag verhalten sich Männer oft weniger gesundheitsbewusst als Frauen. Traditionelle Mänerrollen verhindern eher Achtsamkeit und Aufmerksamkeit für den eigenen Körper und begünstigen die Bereitschaft, Risiken einzugehen. Männer achten weniger auf den eigenen Gesundheitszustand und nehmen seltener an Angeboten zur Gesundheitsförderung teil, die Ernährung ist oft weniger gesund, der Alkoholkonsum ist häufig riskant.

Geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen auch bei psychischen Erkrankungen. Zwar werden starke Stressbelastungen oder Depressionen bei Männern in Deutschland seltener diagnostiziert als bei Frauen, doch rund drei viertel aller vollendeten Suizide entfallen auf Männer. Fast jeder 50. Todesfall eines Mannes ist eine Selbsttötung. Leistungsdruck, ständige Erreichbarkeit und soziale Krisen sind häufige Ursachen.

Zur Förderung der Männergesundheit und Steigerung der männlichen Lebenserwartung ist ein gesundheitsförderlicher Lebensstil mit körperlicher Bewegung, ausgewogener Ernährung und positiver Stressbewältigung” Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

 

Es wird deutlich, das der Begriff Männergesundheit viele Themen einbezieht. Psychologie, Sucht, Ernährung, Urologie, Bewegung und Sport, Herz-Kreislauf- Gesundheit, Sexualität, Magen-Darm-Gesundheit sind nur einige wenige Themen, die für Männer wichtig sind und wo es teilweise Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt.

Wussten Sie das?

  • Männer  im Alter von 55-60  ein mehr als vier mal so hohes Risiko haben aufgrund eines Herzinfarktes zu sterben. (Quelle: Statista)
  •  Mehr Männer an Lungenkrebs erkranken als Frauen. (Quelle: RKI – Gesundheitliche Lage der Männer in Deutschland 2014)
  • 100% der Prostatakrebsdiagnosen  auf Männer entfallen – ja ein kleiner Scherz meinerseits ( Frauen haben keine Prostata und können somit auch kein Prostatakrebs bekommen). Kein Scherz sondern ein ernster Hintergrund ist jedoch der nachfolgende Fakt. Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung der Männer  und rangiert 2014 auf Platz 3 der Krebssterbefälle. (Quelle: RKI- Gesundheitliche Lage der Männer in Deutschland 2014)
  • Die männliche Suizidrate ( Selbstmord) drei mal höher ist, wie die von Frauen. ( Quelle: RKI)
  • Je nach Alter zwischen 4-18% der Männer an ungewolltem Harnverlust ( Harninkontinenz) leiden.

Man könnte noch viele ähnliche Punkte aufzählen, es wird aber auch so schon ersichtlich, das es gesundheitliche unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt.

In der Physiotherapie können natürlich nicht alle Aspekte der Männergesundheit behandelt oder positv beeinflusst werden. Jedoch gibt es wichtige Aspekte die im Rahmen der Prävention von Erkrankungen und auch der Rehabilitation nach Erkrankung und eventueller Operation oder sonstiger Behandlung (Chemotherapie, Bestrahlung, etc.) von der Physiotherapie geleistet werden können.

Bewegung

Vorallem das Thema Bewegung ist ein ureigenstes Themengebiet in der Physiotherapie, zeitgleich aber auch eins der wichtigsten wenn nicht sogar das „Wichtigste“,  wenn es um Gesundheit geht. Die Physiotherapie versucht den Menschen langfristig in Bewegung zu halten und Ihn z.B. nach Verletzungen oder Operationen wieder in Bewegung zu bringen. Moderat intensive Bewegung von 150 min pro Woche ( bei 7 Tage ca 22 min pro Tag) werden durch die  Weltgesundheitsorganisation (WHO) für jeden Menschen empfohlen.

Diese Erkenntnis ist keinesfalls eine moderne. In der Menschheitsgeschichte gab es schon viele herausragende Personen, die den Zusammenhang zwischen Bewegung und Gesundheit erkannt haben. Auf den  Philosophen  Aristoteles  geht z.B.  folgendes Zitat „Das Leben besteht in der Bewegung“, zurück.

“Zusammenhänge von körperlicher Aktivität und Gesundheit werden viele beschrieben und immer wieder durch Studien belegt. So kann regelmäßige Bewegung das Risiko für manche Krebsarten im Mittel um bis zu 25%, für Herz-Kreislauferkrankungen um bis zu 40-50% und für Diabetis sogar bis 80% reduzieren. ” (Quelle: Landes Institut für Gesundheit und Arbeit des Landes NRW – Gesundheit durch Bewegung Fördern)

Selbst die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft berichten auf Ihrer Webseite über das Thema „Körperliche Aktivität als Medikament“. In ihrer Zusammenfassung schreiben sie „ Regelmäßige körperliche Aktivität wurde in zahlreichen prospektiven Kohortenstudien in den letzten Jahrzehnten untersucht. Übereinstimmend ergaben Studien an insgesamt über einer Million Probanden, dass durch körperliche Aktivität Gesamtmorbidität und -mortalität im Vergleich zu körperlich Inaktiven um 30–40 % gesenkt werden können. Dies gilt auch für eine größere Zahl von Krankheiten. Neben Prävention und Rehabilitation wird körperliche Aktivität zunehmend als Therapie bei Krankheiten mit guten Erfolgen eingesetzt. Dies gilt für kardiovaskuläre Erkrankungen, aber auch für andere wie Stoffwechsel-, neurologisch-psychiatrische und viele andere Erkrankungen.„

Möchten auch Sie etwas positives für Ihre Gesundheit tun, dann fangen Sie mit kleinen Veränderungen in Ihrem täglichen Bewegungsverhalten an. Gehen Sie in der Mittagspause spazieren, nehmen Sie die Treppen anstatt den Aufzug, Bewegen Sie sich zuhause mehr. Auch hier zählt „Kleinvieh macht auch Mist“

Brauchen Sie Hilfe bei der Umsetzung oder möchten Sie einen Plan bekommen, wie Sie wieder in Bewegung kommen können, dann Schreiben Sie mich an. Gemeinsam bringen wir Sie wieder in Bewegung

 

Weitere Blogbeiträge dieser Serie finden Sie hier:

Beckenbodentherapie

 

Aus dem Herzen von Bonn

Tobias Kehlenbach